1. Rs-Story

In mir fühlte ich den Wunsch aufwallen, zu heulen. Ich wusste nicht, wie ich mit der kleinen umgehen sollte. Sie war doch mein kleines Mädchen...!
"Ja, ok!" Sagte ich, ohne ihn anzusehen, falls er das bemerken würde. "Hast du noch welche? Dann erklär ich ihr das bevor sie zur Schule geht..." Noch musste sie nicht einmal aufstehen.

"Ich habe noch drei...es reicht also für drei Tage..." Er musste nicht mehr dazu sagen, um ihr zu verstehen zu geben, dass es eine Frist war, in der sie alles klären mussten.

Ich lehnte mich rückwärts an die Arbeitsplatte und blickte zu ihm auf. Ich hatte mich wider etwas gefasst. Nur die kurzen Nächte steckten mir in den Knochen. Das war früher auch anders gewesen...
"Du bleibst heute hier und wir... Reden?", fragte ich, beinahe etwas zu vorsichtig und ängstlich

Was wollte sie hören? Ein nein hat sich erledigt? Sicher nicht. "Ich bin da, wenn du sie zur Schule gebracht hast und dann müssen wir das klären...ich habe schon nachgedacht...aber das klären wir dann nachher. "

Ich nickte, löste das Handtuch aus meinem Haar und wuschelte durch die noch etwas nassen Strähnen. Ich wollte noch etwa sagen, dann schwieg ich aber und nickte nur langsam. Was sollte ich auch groß anderes tun? Das Thema stand bedrohlich zwischen uns. Stattdessen ging ich zu Gwen ins Zimmer. Die Szene sah so friedlich aus, wie sie im schummrigem Licht dalag. Schlafend. Friedlich.
"Hey, Kleine...! Aufstehen!", flüsterte ich sanft.

Die Kleine rührte sich langsam, allerdings eher missmutig und zog sich die Decke letztlich über den Kopf. "Es ist zu hell...", kam es unter der Decke hervor.

Ich zuckte zusammen, zog ihr aber die Decke weg, wie ich es gewohnt war. So lockte ich sie meistens aus dem Bett.
"Kein rumgeweine, aufstehen!"

"Ich weine nicht!" Es war beinahe aggressiv und ihre Augen leuchteten in dem schwummrigen Licht dunkelrot auf. "Lass mich weiterschlafen."

Ich blickte in ihre Augen.
"Komm, kleine. Heb den Hintern. Du hast schon genug in der Schule verpasst!", warnte ich.
"Geh dich duschen!"

"Aber ich mag nicht...Schule ist doof...", maulte sie herum, das Rot verschwand und doch schien es weiterhin dieses Funkeln zu geben, als sie dann doch mehr als unmotiviert aus dem Bett kroch. "Haben du und Papa sich wieder vertragen?"

Da war sie wieder. Mein Mädchen. Ganz normal, so wie man es sich für seine Tochter wünschte. "Wir haben uns gar nicht richtig gestritten. Aber heute müssen wir nochmal sehr lange reden. Dann haben wir aber auch alles geklärt!" Ich klapste ihr auf den Rücken. "Los, los! Geh dich duschen!"

"Hmm...na gut, aber ich will dann wissen, worüber ihr geredet habt." Sie konnte es sich insgeheim denken, aber das wollte sie ihrer Mutter dann doch nicht unter die Nase reiben. So lief sie ins Bad, zog sich an, kämmte sich die Haare und holte dann ihre Schultasche. Erfreut stellte sie fest, dass ihr Vater ebenfalls da war und rannte ihn dann beinahe um. "Papa! Du bist jetzt sooft da. Bleibt das so?" "Naja...wir werden sehen. Wir reden dann nachher, wenn du aus der Schule kommst drüber", wich er ihr aus und wirbelte sie einmal durch die Luft.

Es fiel mir schwer mich zu bewegen. Alles dauerte irgendwie länger. Aber das schob ich auf die kurze Nacht. Hatte ich meine Medikamente genommen? Egal. Erstmal musste die kleine zur Schule. Ich zwang sie zum duschen, erklärte ihr das mit der Tablette durch die Metapher der Allergie und zwang ihr damit gleich das Frühstück rein.

Auch wenn sie sich ruhig gab, bemerkte er schnell, dass es ihr schlecht ging, aber er sagte nichts. Ließ zu, dass sie wie jeden Morgen mit Gwen zur Schule aufbrach.

Ich setzte mich ins Auto, wies sie an sich anzuschnallen und fuhr blinzelnd, fertig los. Ich hatte Mühe, mich zu konzentrieren bald würde sie alleine zur Schule fahren können. Ich könnte es kaum erwarten. Das würde mir am Morgen zwanzig Minuten schenken. Ich hustete heftig hinter dem Steuer.

"Mama geht es dir nicht gut? Du siehst müde und blass aus und krank bist du bestimmt, so wie du hustest. Ich kann auch alleine zur Schule gehen und du ruhst dich dann aus. Papa kann dir ja eine Suppe kochen. Das ist bestimmt besser s."

"Das werd ich machen!", erwiderte ich sanft und lächelte ihr im Rückspiegel zu. "Ich werd heute auch nicht arbeiten gehen. Aber vorbeifahren kann ich dich noch!" Erst als ich wieder nach vorne sah, merkte ich, dass ich gerade eine rote Ampel überfahren hatte. Verdämmt, es war schlimmer als gedacht.

"Mama, du brichst die Regeln! Du musst nach Hause gehen. Ich will jetzt aussteigen! Das ist gefährlich!", schrie Gwen und trommelte mi den Füßen gegen den Rücksitz.

"Fünf Minuten und wir sind da, gwendolyn!", sagte ich in dem harschen Ton, den ich nur selten benutzte weil er mich an meine Mutter erinnerte. "Hör auf, Krach zu machen. Du lenkst mich ab!" Das trommelnde Geräusch dröhnte in Meinen Ohren und ich riss das Steuer zu einer knappen Kurve herum

"Mama!" Sie schrie auf, als sie in die Kurve fuhren und sie gegen die Tür geworfen wurde. Es gab einen Knall und sie fing an zu weinen.

Ich ging automatisch auf die Bremse, presste kurz verängstigt die Augen zusammen und umklammerte das Lenkrad bis ich meine eigenen Knochen spüren konnte. Es war uns hinten jemand reingefahren wegen der Vollbremsung. Ich hörte mein Herz klopfen. Das Auto stand schräg auf der Fahrbahn und es roch nicht gut.
Als erstes ging mein Blick zu Gwen.
"Süße. Alles okay?" Meine Stimme war heiser, ich hatte Angst. Nach langer Zeit mal wieder pure Angst, die meine Sinne schärfte und Panik das Hirn verkleben ließ ohne dass sich diese beiden Dinge widersprachen.
"Liebling, wir müssen raus aus dem Auto!"

Gwen lag halb im Gurt hängend und rührte sich nicht. Das Auto war auf der anderen Seite in ihren Wagen gekracht, doch es hatte sie hart gegen die Scheibe gedonnert, sodass sie eine große Platzwunde am Kopf hatte. Sie rührte sich nicht mehr.

Ich fluchte und krabbelte zwischen den beiden vorderen sitzen nach hinten durch. Ich merkte erst, wie zittrig meine Hände waren, als ich drei Anläufe brauchte um ihren Gurt zu lösen. Draußen Sammelten sich Leute, Schaulustige und ich schrie Ihnen zu, die Polizei zu rufen.
"Engelchen, hörst du mich?", flüsterte ich während ich sie aus dem Auto hievte, den Kopf schützend. "Sag bitte was, wenn du wach bist....!"

Noch immer regte sie sich nicht, hing nur schlaff, ja leblos in den Armen ihrer Mutter. Ihr Puls war kaum noch zu fühlen.

Ich hievte sie auf die Straße und schrie noch einmal die Passanten an, zwei hatten wenigstens das Handy am Ohr und riefen wohl gerade einen Krankenwagen. Wenigstens das. Arschlöcher. Wie ging die stabile Seitenlage? Jeder Junkie kannte die stabile Seitenlage. War das lange her...vielleicht auch besser still liegen lassen, bei all dem Blut...
Blut.
Ich führte kurz einen inneren Kampf, dann aber Schaute ich in den Himmel, fuhr mit dem Fingernagel über mein handinnengelenk bis es blutete und hielt die kleine Wunde zwischen ihre Lippen.